Ausspielkonventionen im Bridge: Journalist Ausspiele (oder Journalist leads)

Die Bridge-Konvention Bridge Journalist Ausspiele (leads) wurden von einem Autorenkollektiv Mitte der 60er Jahre im mittlerweile eingestampften Bridge Journal beschrieben. Journalist enthält ein paar gute theoretische Überlegungen, die allerdings falsch eingesetzt werden (siehe hierzu in der Theoriediskussion weiter unten).

Kurzbeschreibung der Journalist Ausspiele

Gegen Farbkontrakte

  • 3. und klein („third and low“) von kleinen Karten.

Dies entspricht 3./5., wobei man von einer 6er Länge die 3. Karte und nicht die 5. ausspielt.

  • Von Sequenzen wird Rusinov ausgespielt. In Partners Farben wird jedoch die höhere von der Sequenz ausgespielt.

Gegen NT-Kontrakte

  • Attitude von kleinen Karten

Je höher die ausgespielte Karte ist, desto schlechter ist die Farbe bzw. desto eher wünschen Sie sich einen Wechsel auf eine andere Farbe.

  • Von Sequenzen gelten einige Besonderheiten

Der Bube verneint eine höhere Karte („Jack denies“).

Die 10 verspricht eine höhere Karte als den Buben, also A109, K109, D109, AB10 oder KB10

Die 9 ist entweder die höchste Karte oder die zweithöchste von 109.

Das Ass ist ein starkes Ausspiel von AKBxx oder stärker. Der Partner soll deblockieren oder die Länge markieren.

Der König wird von KD oder von „leerem AK“ ausgespielt, also einer Haltung, bei der der Partner nicht die Dame oder den Buben deblockieren soll. Der Partner markiert hierauf positiv negativ.

Die Dame wird von DB oder von KD109 (Deblockade des Buben erwünscht) ausgespielt.

 

Beispiele für Journalist Ausspiele gegen Farbe

  1. K874
  2. 8752
  3. K65
  4. KD632
  5. DB108
  6. Antworten

    zu 1) die 7 (dritthöchste von kleinen Karten)

    zu 2) die 5 (3.)

    zu 3) die 5

    zu 4) die Dame (Rusinov von Sequenzen)

    zu 5) der Bube (Rusinov auch von Dreiersequenzen)

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  7. A1065
  8. K6542
  9. D9
  10. KD
  11. D1094
  12. Antworten

    zu 6) das Ass (das Ausspiel vom leeren Ass sollten Sie aber vermeiden)

    zu 7) die 2 (5.)

    zu 8) die Dame (vom Double die höhere)

    zu 9) der König, von der double Sequenz die höhere (kein Rusinov)

    zu 10) die 9 (von der inneren Sequenz die kleinere)

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  13. D87642
  14. KB103
  15. K98532
  16. AK82
  17. AKDB
Antworten

zu 11) die 7 (3. von der 6er Länge)

zu 12) die 10 (die kleinere von der inneren Sequenz)

zu 13) die 8 (3. von der 6er Länge, 98 ist keine innere Sequenz mehr, diese enden bei

109)

zu 14) der König (Rusinov von AK)

zu 15) der König (die zweite von 4er Sequenzen)

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Ausspiele gegen NT-Kontrakte.

Gehen Sie davon aus, dass Sie diese Farbe ausspielen wollen und in keiner anderen Farbe eine starke Haltung haben. Wenn dem so wäre, könnten Sie auch von einer guten Haltung eine hohe Karte ausspielen, um den Wechsel auf eine Farbe zu suggerieren.

  1. K874
  2. 8752
  3. K65
  4. KD632
  5. DB108
  6. Antworten

    zu 1) die 7 vermutlich, Attitude. Als Richtlinie empfiehlt sich die 3. von mäßigen 4er und 5er Haltungen

    zu 2) die 8 (höchste von einer sehr schlechten Haltung)

    zu 3) die 6, wenn der Partner keine Länge hat, bietet die Farbe wenig Potenzial

    zu 4) die 2 (evtl. die 3). Gegen NT-Kontrakte sollte man von einer leeren KD-Sequenz normalerweise klein ausspielen.

    zu 5) die Dame

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  7. A1065
  8. K6542
  9. D9
  10. KD
  11. D1094
  12. Antworten

    zu 6) die 6, die 3. von mäßigen 4er Farben

    zu 7) die 4, für die 2 ist die Farbe zu schlecht

    zu 8) die Dame, vom Double die höhere

    zu 9) den König, vom Double die höhere, Ihr Bridge-Partner wird hoffentlich erkennen, dass dies nicht Ihre starke Farbe ist (vermutlich spielen Sie diese Farbe aus, weil der Partner sie gezeigt hat)

    zu 10) die 10. Die 10 verspricht eine höhere Karte als den Buben.

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  13. D87642
  14. KB103
  15. K98532
  16. AK832
  17. AKDB
  18. Antworten

    zu 11) die 6, eine schlechte 6er Farbe
    zu 12) die 10, der Bube verneint eine höhere Karte als den Buben
    zu 13) die 5, dritte oder vierte von langen mäßigen Farben
    zu 14) die 2, die kleinste von einer guten 5er Farbe. Wenn Ihr Partner ein 3er hat, ist die Farbe normalerweise nach dem Ausspiel hoch. Wenn er ein 2er hat, ist die Farbe hoch, wenn sie 3-3 beim Alleinspieler verteilt ist.
    zu 15) Das Ass. Es ist vermutlich egal, welche Karte Sie ausspielen. Sie können auch den Buben ausspielen (der eine höhere Karte verneint) und eine höhere weiter als wake-up-Signal für den Partner, das man gerade etwas Ungewöhnliches tut.

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  19. AKB103
  20. KDT4
  21. KD1093
  22. DB1052
  23. B10943
Antworten

zu 16) Das Ass. Der Partner soll hierauf die Dame zugeben oder die Länge markieren.
zu 17) den König
zu 18) die Dame. Der Partner soll den Buben deblockieren, wenn er ihn hat.
zu 19) die Dame.
zu 20) den Bube. Der Bube verneint eine höhere Karte in der Farbe.

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Theoretische Überlegungen: Vor- und Nachteile der Journalist Ausspiele

Ausspiele von kleinen Karten gegen Farbkontrakte

Wenn Sie vierthöchste ausspielen, würden Sie von

D832 die 2,

D82,  die 2

D8432 die 3

ausspielen.

Beachten Sie: Die 2 kann von einer 3er oder einer 4er Länge sein.

Bei 3./5. würden Sie

von

D832   die 3

D82     die 2

D8432 die 2 ausspielen.

Beachten Sie: Die 2 kann von einer 3er oder einer 5er Länge sein.

Die Idee hinter 3./5. ist das  „zwei-Karten-Differenz-Prinzip“ („two-card-difference-principle“). Es ist leichter zu erkennen, ob der Partner eine 3er oder 5er Länge hat, als zu erkennen, ob der Partner, eine 3er oder 4er Länge hat.

3./5. ist eine nützliche Ausspielvereinbarung. Wenn es in Ihrer Region üblicher ist (vor allen in Hamburg/Hannover), können Sie auch 2./4. spielen.

Ausspiele von kleinen Karten (Attitude) gegen NT-Kontrakte

Hiergegen gibt es keine theoretischen Einwände. Viele Weltklassepaare spielen Attitude. Dies erschwert dem Gegner, die genaue Länge des Ausspielers zu erkennen. Mit dem Ausspiel der Vierthöchsten kann man die Länge von der langen Seite auch gut verschleiern, weil man später nicht die fünfte zugeben muss. Bei 3./5. ist die Länge des Ausspielers (zumindest von der Länge) gleich bekannt.

Bei Attitude ist aber nie so klar, welche Karte man ausspielen soll. Daher ist das Ausspiel auch schlechter vom Partner des Ausspielers zu interpretieren. Wenn Sie nicht gerade ständig gegen starke Experten Bridge spielen, ist es aus pragmatischen Gründen sinnvoll, zunächst daran zu arbeiten, das eigene Gegenspiel zu verbessern und nicht daran zu arbeiten, es dem Alleinspieler, aber auch dem Partner durch Obfuskation zu erschweren. Wenn Sie die meisten gestellten Verteidigungsprobleme am Tisch lösen (ich bin übrigens auf Partnersuche …), können Sie sich der Gegnertäuschung durch permanentes Falschmarkieren zuwenden, vorher empfiehlt es sich, ehrlich zu bleiben und die Kontrakte zu schlagen, die man schlagen kann.

Ausspiele von Sequenzen (Rusinov) gegen Farbkontrakte

Dies wird ausführlich im Artikel über Rusinov diskutiert. Im Ergebnis ist Rusinov gegen Farbkontrakte theoretisch minderwertig.

Ausspiele von Sequenzen (Jack denies) gegen NT-Kontrakte

Das Zwei-Karten-Differenz-Prinzip hilft auch, das Ausspiel besser zu lesen.

Eine leichte Verbesserung wäre es, 0 oder 2 höhere von der 10 und der 9 zu spielen:

Dies sähe so aus:

10         AB10, KB10 oder 109 (mit beliebiger Restlänge)

9          A109, K109, D109 oder 9x (98 gilt nicht als Sequenz)

Dadurch wird das Ausspiel der 9 leichter zu lesen, weil es nicht mehr von 109 oder der 9 ist.

 

Gegen starke Bridgespieler, die genau auf Ihre Ausspiele achten, sind diese Ausspiele möglicherweise zu leicht zu lesen. Da Sie sich durch die Ausspiele selbst helfen und dem Alleinspieler nicht immer geholfen ist, würde ich die Spielstärkegrenze hier bei Bundesligagegnern ansetzen.

 

Wenn Sie ungerne „Jack denies“ spielen, aber gerne ein starkes Ausspiel gegen NT-Kontrakte zur Verfügung haben, sollten Sie sich die Rusinov-Ausspiele gegen NT anschauen. Diese sind Standardausspielen (hoch von der Sequenz) theoretisch überlegen.

 

Verschiedenes

Sie sollten mit Ihrem Partner klären, ob die Ausspiele von Sequenzen nur im ersten Stich gelten oder auch später. Üblicherweise gelten Sie nur im ersten Stich. Ab dem zweiten Stich wird von Sequenzen die höhere gespielt.

Gerade 0 oder 2 höhere ist im späteren Spielverlauf sinnvoll. Dies liegt daran, dass man hier leichter False Card-Situationen erkennt und der Alleinspieler sich nicht so sehr auf die Ehrlichkeit verlassen kann.

Wenn z. B. am Tisch ADx liegt und Ihr Partner bekanntermaßen ein Double dahinter hat, können Sie von KB10xxx den Buben spielen, damit der Alleinspieler denkt, dass Sie den König nicht haben.

 

Fazit

Als der Artikel über Journalist Ausspiele im Bridge Journal erschienen ist, waren viele der Ideen neu (wie z. B. das zwei-Karten-Differenz-Prinzip, Rusinov war nicht verbreitet). Sie behalten auch weiterhin ihre Gültigkeit. Dennoch ist Journalist keine gute Konvention. Je nach Qualität der Gegner ist 0 oder 2 höhere von Sequenzen besser. Von kleinen Karten sind 2./4., 3./5., vierthöchste und Attitude spielbar. Wenn Sie nicht 0 oder 2 höhere von Sequenzen ausspielen möchten, empfehle ich Standardausspiele und ggfl. Rusinov gegen NT-Kontrakte.

Einen Artikel mit Regeln, wie man ausspielen sollte (für Spieler bis etwa Landesligaspielstärke) können Sie hier nachlesen.

Eine Übersicht zu allen Artikeln über das Gegenspiel (inklusive kostenloser Beispielhände) finden Sie hier.  Wie wäre es mit einer Partie Bridge? Hier gibt es einen Überblick über weitere kostenlose Computerhände.

In der Sektion über die Reizung werden eine ganze Reihe von Judgementsituationen und Konventionen beleuchtet, z. B. Multi.

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